Nachruf auf unser langjähriges Vorstandsmitglied

Dr. Gerhard Rehm verstorben

Gerhard Rehm im Benutzerraum "seines" Archivs (Foto: Tina Hirop)

Gerhard Rehm wurde am 3. Februar 1952 in Bielefeld geboren und studierte dort auch Geschichte und Pädagogik. Er promovierte über das Thema „Die Schwestern vom gemeinsamen Leben im nordwestlichen Deutschland. Untersuchungen zur Geschichte der Devotio moderna und des weiblichen Religiosentums“. Die bis heute viel beachtete Arbeit erschien 1985.
Nach der Ausbildung zum Archivar von 1984 bis 1986 war er zwei Jahre Stadtarchivar von Remscheid.
Zum 1. Oktober 1988 wechselte er zum Kreis Viersen und wurde Leiter des Kreisarchivs, dem seit 1985 auch das Stadtarchiv Kempen angegliedert war.
Direkt nach Beginn seiner Tätigkeit im Kreis Viersen trat Gerhard Rehm in den Kempener Geschichts- und Museumsverein ein. Wie schon sein Vorgänger Paul Günter Schulte (1944-2020) wurde auch Gerhard Rehm bei der nächsten anstehenden Wahl im Jahr 1989 in den Vorstand unseres Vereins gewählt und arbeitete über viele Jahre eng mit den Vorsitzenden Dr. Helmut Buschmann (Vorsitz: 1989-1997) und Margret Cordt (Vorsitz: 1997-2013) zusammen. Vor allem mit der Kunsthistorikerin Margret Cordt (1936-2018), die in der Kempener Burg als Leiterin des VHS-Fachbereichs Musische Bildung und Freizeit seine Kollegin und „Nachbarin“ war, verband ihn eine wechselseitige Achtung und Wertschätzung. Diese beiden so unterschiedlichen Menschen hegten viele Sympathien füreinander.

Bei der Präsentation des restaurierten "Roten Buchs" der Stadt, das nach langer Odyssee nach Kempen zurückkehrte (Foto: Tina Hirop)

Der Nachruf des Kreises Viersen ehrt Gerhard Rehm mit folgenden Worten: „Über die Grenzen des Kreises hinaus war er ein anerkannter und beachteter Historiker und Archivar.“ Die Redaktion des Heimatbuches übernahm er 2011 vom früheren Schul- und Kulturdezernenten Prof. Dr. Leo Peters, mit dem er schon vorher eng zusammengearbeitet hatte. An der Festschrift für seinen ehemaligen Chef war er maßgeblich beteiligt, sie erschien 2009 unter dem Titel „Adel, Reformation und Stadt am Niederrhein“. Auch die Redaktion der Schriftenreihe des Kreises Viersen lag in seiner Verantwortung. 14 Bände sind von ihm redigiert worden. Besonders hervorzuheben ist das Buch „Geschichte der Juden im Kreis Viersen“, in dem er auch Autor des Beitrags zur Geschichte der Juden in Brüggen, Born und Bracht war. Er war Bearbeiter des Bandes „Der Landkreis Kempen-Krefeld in der Nachkriegszeit“ und machte damit die monatlichen Berichte des Oberkreisdirektors an die Militärregierung von 1945 bis 1948 einer größeren Öffentlichkeit zugänglich. Im Vorwort schrieb er, dass sich die Publikation „bewusst auch an den sogenannten Laien“ richte – dies war Gerhard Rehm wie auch die Zusammenarbeit mit Schulen ein wichtiges Anliegen. Mit der „Bibliographie des Kreises Viersen“, die sein Mitarbeiter Jürgen Grams und er 1999 vorlegten, erschlossen die Bearbeiter der Öffentlichkeit das bisher erschienene Schrifttum des Kreises, ein sehr wichtiges Nachschlagewerk. In den beiden letzten von ihm redigierten Heimatbüchern (Bd. 68 und 69) veröffentlichte Gerhard Rehm zwei sorgfältig recherchierte und fundierte Beiträge, die sich kritisch mit der Biographie des früheren Kreisarchivars Walther Föhl (1908-1975) im „Dritten Reich“ auseinandersetzen. Die wissenschaftliche Redlichkeit verbot es Rehm, dem ersten hauptamtlichen Archivar des Kreises eine Gefälligkeits-Vita zu schreiben. Dass Rehm die unbequemen Tatsachen nicht ausblendete, wurde nicht überall für gut befunden.

Als Redakteur betreute Gerhard Rehm die Autorinnen und Autoren kenntnisreich und kritisch und vergaß dabei nie, dass das Heimatbuch und die Schriftenreihe des Kreises wissenschaftlich fundiert sein müssen, aber vor allem den interessierten Bürgerinnen und Bürgern des Kreises dienen sollen.
Er war Mitglied in verschiedenen Arbeitskreisen und von 2000 bis 2005 Mitglied im Prüfungsausschuss für Auszubildende im Beruf Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste.
Als Schriftführer des Vereins war Gerhard Rehm lange Jahre zuständig für die Erstellung und Redaktion des „Campunni“, damals noch in DIN A 4-Format und schwarz-weiß. Seine einführenden Beiträge wurden nicht nur gerne gelesen, sondern gaben auch Einblick in die Arbeit des Archivars. Seine Vorschläge für historische Vorträge hat der Vorstand gerne aufgegriffen. Das Buch „Frauen in Kempen“, ein Projekt, das 2000-2002 mit finanzieller Unterstützung des Geschichts- und Museumsvereins umgesetzt wurde, hat er intensiv betreut, ein bleibendes Zeugnis seines redaktionellen Fähigkeiten auch in unserem Verein. Seine Vorschläge bezüglich der Verwendung von Vereins-Überschüssen waren davon geleitet, wie der Verein vor allem das Stadtarchiv Kempen und die Sicherung der Kempener Geschichtsquellen unterstützen könne. Seine Anregungen wirken bis heute in der Arbeit des Vorstandes nach.

Nach seinem Wechsel in den Ruhestand zog sich Gerhard Rehm aus dem öffentlichen Leben zurück. Er verstarb am Montag, dem 16. Mai 2022.

 

Ina Germes-Dohmen

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